Jennifer Lachky-Busch, 31.03.2023, 4 min.

Smart Factory Trends 2023

  1. Was bedeutet Smart Factory und was macht eine "intelligente Fabrik" aus?
  2. Wie hat sich die Smart Factory in den vergangenen Jahren entwickelt? Welche aktuellen Trends gibt es?
  3. Welche Rolle spielt das Konzept des Digitalen Zwillings im Rahmen der Smart Factory?
  4. Welche Bedeutung hat die Smart Factory bei susietec®?
  5. Wie wichtig ist das Smart-Factory-Konzept in der Zukunft? Welche Chancen/Herausforderungen entstehen daraus?

Wie sieht die moderne Fabrik im Jahr 2023 aus? Im Interview mit Frank Tannhäuser, Senior Sales Manager Manufacturing Automation bei Kontron AIS, nehmen wir die Smart Factory in den Fokus: Dabei sprechen wir nicht nur über aktuelle Entwicklungen und Trends, sondern blicken insbesondere auf die Schlüsselfaktoren der Industrie 4.0 – um in einer Welt der wachsenden Herausforderungen bestehen zu können.

 

Frank Tannhäuser

 

Wortwörtlich übersetzt, bedeutet Smart Factory so viel wie „intelligente Fabrik“. Was heißt das konkret? Was macht eine Smart Factory aus?

Die Smart Factory steht im Mittelpunkt der Industrie 4.0 und bezeichnet eine Produktionsumgebung, die sich ohne menschlichen Eingriff selbst organisiert. Dazu zählen insbesondere Fertigungsanlagen und Logistiksysteme. Im Vergleich zu herkömmlichen Produktionsverfahren und Fertigungsanlagen bietet die Smart Factory dabei verschiedene Vorteile: Neben schlankeren Prozessen, geringeren Produktionskosten sowie kürzeren Produktionszeiten gehören dazu auch eine transparente Lieferkette und niedrigere Lagerhaltungskosten. Daraus resultiert eine höhere Flexibilität in der Produktion und die Möglichkeit, Anpassungen an neue oder veränderte Produktanforderungen schnell vornehmen zu können. Smart Factories setzen typischerweise auf intelligente Komponenten und Teilsysteme, die bereits Daten selbstständig vorverarbeiten, um Maßnahmen treffen zu können. Dies sichert nicht nur eine höhere Anlagenverfügbarkeit und -produktivität, sondern ermöglicht den direkten Austausch und die Vernetzung mit Systemen zur Qualitätssicherung. Eine frühzeitige Kontrolle in der Wertschöpfungskette verhindert somit kostenintensiven Ausschuss in späteren Produktionsschritten.

 

Wie hat sich die Smart Factory in den vergangenen Jahren entwickelt? Welche aktuellen Trends gibt es?

Die Vision der Industrie 4.0 – und der Smart Factory – besteht darin, die Digitalisierung in der Industrie und Fertigung weiter voranzutreiben. Dabei steht insbesondere die Konnektivität verschiedener Geräte in der Produktion – im Sinne des Internet of Things (IoT) und intelligenter Algorithmen – im Vordergrund.

Die reine „Digitalisierung“ der Fabrik begann bereits mit der Industrie 3.0 und zeichnete sich vorwiegend durch die Automatisierung mittels Elektro- und Informationstechnik aus. Während die Industrie 3.0 also noch auf eine „selbstregelnde Fabrik“ ausgerichtet war, zielt die Industrie 4.0 auf eine „funktional vernetzte Fabrik“ im Sinne der Smart Factory ab. Diese Vernetzung erfolgt dabei vorrangig unternehmensintern zwischen Produktionsanlagen und Softwaresystemen anstatt zwischen den verschiedenen Ebenen der klassischen, hierarchisch aufgebauten Automatisierungspyramide. Es kann sogar eine eigenständige Kommunikation der Anlagen mit diversen Zulieferer- und Kundensystemen erfolgen und auf Grundlage dieses Informationsaustauschs die Fabrik selbst entsprechende Anpassungen in der Produktion und Logistik vornehmen. Auf diese Weise werden Engpässe sowie deren Ursprünge frühzeitig erkannt und freie Ressourcen so effizient wie möglich genutzt. An dieser Stelle kommen dann die Möglichkeiten von Cloud-Services, KI und Big-Data-Anwendungen zum Tragen.

Zu den wichtigsten Trends des aktuellen Jahres gehören dabei u.a.

Low-Code Software für schnelle Anpassungen ohne Hochsprachenprogrammierung (z.B. für einfache Logik oder Schnittstellen zu Bestandsanlagen)

Datenarchivierung in der Cloud (kostengünstige Speicherung mit einfacher Skalierung)

Hybride Systeme (lokale Software zur Produktionssteuerung sowie Cloud Services für die Datenauswertung und standortübergreifende Kommunikation)

Cloud-basierte Analysen für die Überwachung und Optimierung von Produktion und Logistik

 

Digitale Zwillinge sind eine der führenden Konzepte unter den Smart Technologies. Die Plattform ResearchAndMarkets prognostiziert, dass der Markt für digitale Zwillinge bis 2030 einen geschätzten Wert von 156 Mrd. USD erreichen wird. Welche Rolle spielt das Konzept im Rahmen der Smart Factory?

Ein digitaler Zwilling (Digital Twin) ist ein virtuelles Modell, das ein physisches Objekt in seinem Verhalten simulieren soll. Dabei wird ein digitaler Zwilling im Kontext einer Produktionsanlage bereits zum Zeitpunkt ihrer Konstruktion erstellt und für die Simulation der Produktionsprozesse sowie die Entwicklung und virtuelle Inbetriebnahme der Steuerungs- und Schnittstellensoftware genutzt. Dadurch können Entwicklungszeiten verkürzt und der termingerechte Start der Produktion sichergestellt werden.

Eine weitere Anwendung gibt es zum Beispiel für bereits existierende Produktionsmaschinen. Diese werden mit verschiedenen Sensoren ausgestattet, die sich auf wichtige Funktionsbereiche beziehen. Die Sensoren erfassen dabei verschiedene Parameter des physischen Objekts wie die Stromaufnahme, Temperatur oder Vibrationen. Die erfassten Daten werden anschließend gespeichert und in ein mathematisches Modell überführt. Nachdem das virtuelle Modell mit den Daten trainiert wurde, wird eine Simulation durchgeführt. Diese liefert dann die Verhaltensdaten, die zum Beispiel zur Leistungsanalyse oder zur Erkennung von Anomalien genutzt werden können. Die Ergebnisse können anschließend für die Optimierung der Produktion oder prädiktive Wartung genutzt werden.

Neben dem Digital Twin von Produktionsmaschinen gibt es das Modell auch für ein bereits gefertigtes Produkt. Dabei handelt es sich also um das Abbild eines realen Produktes, das insbesondere der Nutzung in Simulationen und Prüfung unter extremen Bedingungen dient. So kann beispielsweise der digitale Zwilling einer Platine durch Simulation auf Wärmebrücken und Überhitzung getestet werden. Die dafür benötigten Daten stammen aus Systemen zur Produktionsteuerung, also Softwarelösungen wie Leitrechner oder MES.

 

The Smart Factory with solutions from the Kontron susietec® Toolkit.
Blick in die Zukunft: Der Aufbau einer Smart Factory im Jahr 2025

Welche Bedeutung hat die Smart Factory bei susietec®?

susietec® liefert wichtige Komponenten für die Datenerfassung, -verarbeitung und -bereitstellung in einer Fabrik. Das kontron susietec® Toolset basiert dabei auf der Idee einer durchgehend vernetzten Fabrik im Sinne der Smart Factory: Die Verknüpfung von Hardware (Gateways) und Software (Leitsysteme, Schnittstellenanbindungen, Datenvisualisierung und -analyse in Echtzeit) ermöglicht es, die digitale Transformation in der Industrie von den ersten digitalen Schritten bis zum fabrikweiten Roll-Out zu begleiten.

Durch das Einbeziehen der Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb der Produktion entsteht ein agiles Gesamtkonzept, das optimal an die individuellen Kundenbedürfnisse angepasst werden kann.

 

Mehr zur Idee der Smart Factory bei susietec®.

 

Wie wichtig ist das Smart Factory-Konzept in der Zukunft? Welche Chancen/Herausforderungen entstehen daraus für susietec®?

Der Ansatz Smart Factory liefert wichtige Impulse für die Standardisierung der Datenerfassung. Digital Twin-Simulationen ebnen dabei den Weg für die vorrauschauende Planung neuer Anlagen und Prozesse. Im Gegensatz zu großen monolithischen Systemlösungen bietet die Kombination von konfigurierbaren (und erweiterbaren) Teilsystemen eine deutlich höhere Flexibilität und Zukunftsfähigkeit. Das erfordert jedoch auch die Kombination unterschiedlicher Systeme von lokaler Software und cloudbasiertem Management, die es zu sichern gilt. Weiterhin ist eine herstellerübergreifende Zusammenarbeit an Standards wie beispielsweise OPC UA notwendig.

Zusammenfassend bietet Industrie 4.0 die übergreifende Chance, Menschen in der Produktion zu wichtigen Handlungen und Entscheidungen zu befähigen – und nicht die menschliche Intelligenz durch Automation zu ersetzen. Für die Entwicklung neuer Lösungen ergibt sich daraus die Herausforderung einer bewussten Unterscheidung zwischen Befähigung und Automatisierung.

 

Mehr über die Smart Factory Lösungen von susietec®.

Über den Autor

Als Portfolio Manager IoT kümmert sich Jennifer Lachky-Busch seit 2021 um den strategischen Aufbau und die Vermarktung des kontron susietec® Toolsets. Auf dem susietec® Blog beschäftigt sie sich mit aktuellen Trends, informiert über Produktneuheiten und beantwortet spannende Fragen rund um die Themen IIoT und Industrie 4.0.

Jennifer Lachky-Busch Portfolio Manager